2. Versuch - Doppelhaushälfte in Nagold

Nach der Enttäuschung mit dem Grundstück in Vollmaringen fiel uns auf Immobilienscout eine Doppelhaushälfte im Wohngebiet am Rötenbad in Nagold ins Auge. Diese wurde mit 279.000 Euro schlüsselfertig inkl. aller Nebenkosten und inkl. einem real geteilten Grundstück angeboten. Gleichzeitig war sie Teil eines Komplexes mit 4 Reihenhäusern und 2 Doppelhaushälften.

Nach mehreren Gesprächen mit dem Anbieter reservierten wir diese Ende Mai.


Der Baubeginn hätte im September 2014 nach den Sommerferien sein sollen. Nach der Reservierung war jedoch erst einmal Funkstille. Wir hatten relativ viele Fragen, da für uns alles neu war, jedoch wurde nach der Unterschrift zum Planungsauftrag keine Mail mehr beantwortet. Der für uns zuständige Vertriebler, vor der Vertragsunterzeichnung ein netter Mensch, der einen kompetenten Eindruck gemacht hatte, war wie vom Erdboden verschluckt und reagierte auf keine Kontaktversuche unsererseits. Zudem schien der Anbieter Probleme mit der Stadt Nagold zu bekommen, da die Reservierung des Grundstücks auslief und der Anbieter erst für die Hälfte der Grundstücke Interessenten hatte. Nach einigem hin- und her wurde die Reservierung jedoch schlußendlich verlängert.

Leider hörten wir, bis auf die Hiobsbotschaften zu den Verhandlungen mit der Stadt, weiterhin nichts vom Anbieter. Unser Ziel war es jedoch ganz klar, vor einem Notarvertrag die entstehenden Kosten möglichst genau zu ermitteln um eine wasserdichte Finanzierung auf die Beine stellen zu können. Anfang Juli machten wir dann entsprechenden Druck und wandten uns an den Geschäftsführer mit dem Druckmittel abzuspringen. Kurzzeitig tat sich dann wieder was und ein Teil unserer Anfragen wurde abgearbeitet, jedoch wurden immer wieder Punkte "vergessen". Rückrufe wurden versprochen, kamen aber nie, etc. Der Fortschritt zu diesem Zeitpunkt war mehr als zäh und so langsam fragten wir uns, ob das denn wirklich alles so sein muß wie es abläuft, denn irgendwie hatten wir uns das anders vorgestellt.

Zur genaueren Kalkulation nahmen wir uns Mitte Juni sogar die Zeit dem Bemusterungszentrum vorab einen Besuch abzustatten und suchten dort die für uns passende Ausstattung aus. Wobei die Auswahl hier schon sehr eingeschränkt war, man konnte 1 Innentür wählen, 1 Fenster, zwischen einem runden und einem eckigen Waschbecken etc. Alles sehr überschaubar und natürlich hatte niemand für uns Zeit und man konnte uns auch keine Auskunft darüber erteilen, was denn eigentlich in unserem Vertrag Standard ist. Also haben wir eine lange Liste gemacht und die wieder unserem Ansprechpartner gemailt.

Ende Juli hatten wir dann schließlich den ersten Teil unserer aufpreispflichtigen Zusatzausstattung beisammen - auch wenn immer noch Teile offen waren. Durch die aufpreispflichtige Zusatzausstattung hatte sich der Kaufpreis nun auf 330.000 Euro erhöht, denn schnell stellte sich heraus, daß für Zusatzausstattung richtig zugelangt wurde. So kostete z.B. eine Fußbodenheizung ca. 110 €/m². Wer sich etwas über Preise informiert, weiß, daß dies das 2-3 fache des marktüblichen Preises ist und das zog sich durch wie ein roter Faden. Manche Fragen nach Zusatzausstattung z.B. nach einer Lüftungsanlage gemäß DIN, waren generell nicht realisierbar. Die Firma W. vertraute hier ganz auf das "Lüftungskonzept Fenster". Leider war es auch keine Option Teile in Eigenleistung durchzuführen (s. Hausrecht weiter unten) und die Gutschriften bei Herausnahme einzelner Leistungen waren so lächerlich gering, daß das auch keinen Sinn gemacht hätte. Z.B. hatten wir überlegt die Bäder selbst zu machen, da das Angebot zu Sanitärobjekten bei der Firma W. nicht überwältigend war. Die Gutschrift für den Wegfall von 1 Badewanne, 2 Waschbecken, 2 WC´s und den kompletten Fliesen hätte doch tatsächlich eine Gutschrift von 1.000 Euro eingebracht! Nur leider erhält man für 1.000 Euro keine 2 Bäder und hätte dann draufgezahlt.
Mitte September erhielten wir dann endlich den Notarvertrag, der uns schon für Anfang August versprochen wurde und der setzte dem ganzen dann die Krone auf. Von Anfang an war nämlich klar, daß wir definitiv mit Baubegleiter arbeiten werden, der dann die verschiedenen Bauabschnitte bei einer Begehung abnehmen sollte. Im Notarvertrag war davon nicht mehr die Rede, ganz im Gegenteil: Hausrecht, Schlüsselrecht und Weisungsrecht sollten während der Bauphase komplett abgegeben werden. Zudem fehlten weitere vorab zugesicherte Punkte, wie Fertigstellungstermin, Konventionalstrafe bei nicht termingerechter Fertigstellung, etc.

Die Liste war lang und wir waren kurz davor abzuspringen. Wir stellten dann aber noch ein letztes Ultimatum, gingen die Punkte noch einmal mit unserem Baubegleiter durch und baten um Abarbeitung der Vertragspunkte, wie auch die Preisermittlung zu den noch ausstehenden Zusatzausstattungen. Endlich kam auch wieder Bewegung in die Sache, plötzlich konnten auch die Preise für unsere Vorbemusterung im Juni bestimmt werden, noch offene Punkte wurden abgeklärt - zwar wurde wieder der ein oder andere "vergessen" aber uns war es jetzt auch irgendwann zu blöd.

Die ermittelten Kosten beliefen sich nun mit der restlichen Sonderausstattung auf 345.000 Euro.

Die 10 von uns bemängelten Vertragspunkte wurden zu unserer Zufriedenheit angepaßt und so war Mitte Oktober nur noch ein entscheidender Punkt offen. Beim Hausrecht, Schlüsselrecht und Weisungsrecht zeigte sich die Firma W. aus Rastatt unnachgiebig, hier lies man einfach nicht mit sich reden und teils wurden dafür haarsträubende Erklärungen gegeben. Für diejenigen die sich damit noch nicht beschäftigt haben:

Tritt man das Hausrecht ab, so hat man kein Recht, das auf dem eigenen Grundstück, mit dem eigenen Geld, gebaute Haus zu betreten. Der Zutritt kann einem vom Generalunternehmer verwehrt werden.

Tritt man das Schlüsselrecht ab, so hat man kein Recht darauf auch einen Schlüssel zur Baustelle zu bekommen, wobei man diese ja mangels Hausrecht eh nicht betreten darf.

Tritt man schließlich das Weisungsrecht ab, so hat man kein Recht darauf, daß während der Bauphase auftretende Mängel auch innerhalb der Bauphase behoben werden müssen. Erst bei der Endabnahme können die Mängel festgestellt werden und dann auch behoben werden. Das Problem ist nur, bei der Endabnahme ist es gar nicht möglich alle Mängel zu erkennen, z.B. sind Mängel in der Wand nicht mehr erkennbar, da ja alle Wände nun verputzt sind.

Warum speziell das Hausrecht nicht abgetreten werden will ist auch klar, denn wenn man bis zur Endabnahme nicht ins Haus darf, so ist es einem auch nicht möglich einen Teil der arbeiten selbst, oder durch ortsansässige Handwerker durchführen zu lassen. Man muß dann schlicht und einfach die saftigen Aufpreise für Sonderausstattungen schlucken.

Zum Schluß erhielten wir noch eine Einladung zur Geschäftsleitung der Firma W. nach Rastatt, wo man die Probleme mit dem Hausrecht noch einmal klären wollte. Mittlerweile waren wir aber so genervt, daß uns das jetzt alles zu blöd wurde. Und so zogen wir Ende Oktober schlußendlich die Reißleine, schrieben die Planungskosten von 3.000 Euro ab und zogen einen Schlußstrich.

Der Vorteil ist: Durch die ganzen Querelen haben wir viel gelernt und uns auch in mehr Materien einarbeiten müssen als uns lieb war, vor allem in Rechtsfragen und lesen von Verträgen sind wir jetzt ziemlich firm.

 

Nachtrag 06/2015: Mittlerweile sind wir ganz froh, daß wir damals den Vertrag nicht unterschrieben haben, denn mehr als 1 Jahr später, ist noch nichts von einem Baubeginn zu sehen. Hätten wir damals den Vertrag unterzeichnet und damit auch schon die Finanzierung abgeschlossen, würden wir jetzt ganz schön dumm aus der Wäsche gucken, da mittlerweile Bereitstellungszinsen für die nicht abgerufenen Kredite anfallen würden...